Freitag, 23. Juni 2017

Die Gebrüder Zehnbauer - Feldpostkarte Johann Heinrich Zehnbauer, 23.05.1915 (10_004)

Kurz bevor das Bataillon am 03.06.1915 in Staden, Belgien, verladen wird, um die Reise an die Ostfront anzutreten[1], kommt es für die Einheit im Raum Diksmuide noch zu Kämpfen, jedoch werden diese in Johann Heinrichs Ansichtskarte, die per Brief an die Heimat gesandt worden sein muss und daher keinen Absender oder Adressaten trägt, nicht erwähnt. Dies mag daran liegen, dass die Munitionskolonne Johann Heinrichs in Moere lag[2] und somit nicht unmittelbar betroffen war von den Kämpfen.

Die Karte ist auch auf der Vorderseite, die die Kirche in Eessen (heute: Esen) zeigt, beschriftet mit Erlebnissen vom 22.10.1914, die für Johann Heinrich sehr prägend gewesen sein müssen. 

Dass die Verhältnisse und Zerstörungen im Bereich der Kirche verheerend gewesen sein müssen, wie im Text dargestellt, zeigt auch ein Vergleich mit der heutigen Bebauung und Straßenführung[3]. Die Kirche wurde nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgebaut.
Text: [Sonntag] 23/5 [23.05.1915] 1. Pfingstfeiertag im Mai 1915; Liebe gute Frau, War heute morgen in [Eerneghem] in der Kirche. Das ist nicht mehr so bequem wie in Moere, da muß ich erst eine 1/2 Stunde laufen. Aber eine [...prachtvolle] schöne Kirche wie ein Schmuckkästchen so schön und [eine Orgel so groß wie ein ...]. Auf dem Rückweg habe ich im Laden die Ansichtskarten betrachtet, da habe ich diese dabei gefunden. Da wollte ich schon länger mal eine haben, konnte aber nie eine bekommen, das ist eine schöne Erinnerung. Hebe sie mir gut auf. Heute ist hier schönes Wetter. Was könnte man sich da zu Hause freuen. Eben habe ich im Augenblick ein Brief von dir [mein Schatz bekommen] will mal rasch gucken, was du mir geschrieben hast, mein [Schatz].
Bildseite oben links: diese Häuser hier haben noch gestanden als wir hinfuhren und bis wir draußen waren, da brannten sie schon; oben Mitte: Hebe diese Karte gut auf, das ist für mich ein schönes Andenken; oben rechts: 22. Oktober 1914 Nachts unter Schrapnellfeuer an dieser Kirche gedreht und [schnell] zurück; rechts Mitte: Dieser schöne Kirchturm wurde in dieser Nacht zusammen [geschossen]; unten rechts: Aus diesen Häusern haben wir uns den guten Rothwein geholt.
Auch wenn sich der Ort entziffern lässt, so finden sich andere Schreibweisen in der Chronik (Eerneghem) und aktuellen Karten (Eernegem). Die im Text genannten Kirche, der Sint-Medardus Kerk, passt aufgrund ihrer Größe, Innenraumgestaltung und der Orgel zu der begeisterten Darstellung Johann Heinrichs.[4]

NL_Zehnbauer_10_004.jpg; Nachlass Zehnbauer, Bensheim; Text: [Sonntag] 23/5 [23.05.1915] 1. Pfingstfeiertag im Mai 1915; Liebe gute Frau, War heute morgen in [Eerneghem] in der Kirche. Das ist nicht mehr so bequem wie in Moere, da muß ich erst eine 1/2 Stunde laufen. Aber eine [...prachtvolle] schöne Kirche wie ein Schmuckkästchen so schön und [eine Orgel so groß wie ein ...]. Auf dem Rückweg habe ich im Laden die Ansichtskarten betrachtet, da habe ich diese dabei gefunden. Da wollte ich schon länger mal eine haben, konnte aber nie eine bekommen, das ist eine schöne Erinnerung. Hebe sie mir gut auf. Heute ist hier schönes Wetter. Was könnte man sich da zu Hause freuen. Eben habe ich im Augenblick ein Brief von dir [mein Schatz bekommen] will mal rasch gucken, was du mir geschrieben hast, mein [Schatz].; Bildseite oben links: diese Häuser hier haben noch gestanden als wir hinfuhren und bis wir draußen waren, da brannten sie schon; oben Mitte: Hebe diese Karte gut auf, das ist für mich ein schönes Andenken; oben rechts: 22. Oktober 1914 Nachts unter Schrapnellfeuer an dieser Kirche gedreht und [schnell] zurück; rechts Mitte: Dieser schöne Kirchturm wurde in dieser Nacht zusammen [geschossen]; unten rechts: Aus diesen Häusern haben wir uns den guten Rothwein geholt.; digitalisiert und transkribiert: Frank-Egon Stoll-Berberich, 2017 ©

Standort der Munitionskolonne am 23.05.1915


Standort der Munitionskolonne am 22.10.1914 (Beschreibung der Kämpfe in Eesen (Esen) auf der Vorderseite der Karte)




Links und Literaturhinweise

[1] Filtzinger, Ph. (1933): Seite 36.
[2] siehe: Filtzinger, Ph. (1933): Seite 28f.
[3] http://www.kerkeninvlaanderen.be/pages/kerk_01875.htm (besucht am 06.04.2017)
[4] vergleiche: https://inventaris.onroerenderfgoed.be/erfgoedobjecten/210984 (besucht am 06.04.2017)

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Samstag, 17. Juni 2017

Die Gebrüder Zehnbauer - Feldpostkarte Peter Zehnbauer, 20.05.1915 (11_002)

Diese schlichte Feldpostkarte gibt Rätsel auf, denn hier wird neben der bereits in der ersten Feldpostkarte erwähnten Einheit – sprich dem 18. Armeekorps[1] – auch noch die Bemerkung Feldlazarett 1 hinzugefügt. Es ist völlig unklar, ob dies Peter Zehnbauers Verwendung ist oder ob er sich aufgrund einer Verwundung oder einer Krankheit in selbigem aufhält. Dies würde allerdings nicht ganz zum Text passen, denn hier erwähnt er, dass er wohlauf sei.

"Feldpostkarte, gelaufen 21.05.1915, Absender: Gefreiter [Peter] Zehnbauer, 18. Armeekorps, Feldlazarett 1, Empfänger: Johann Adam Zehnbauer Metzgerm., Bensheim a.d. Bgst., Hessen;
Text: geschrieben, den 20.05.1915; Lieber Bruder und Schwägerin! Habe Euer Paket erhalten, dafür besten Dank. Hoffentlich seid ihr alle gesund und munter was ich Euch auch von mir berichten kann. Schönes Wetter ist eben bei uns, da [...] manchmal wenn man an die Arbeit daheim denkt. Herzlichste Grüße an Euch alle."

Leider ist ein Teil des Textes nur schwer zu entziffern, allerdings hat dies keinen Einfluss auf den eher als unspektakulär zu bezeichnenden Inhalt der Karte.

NL_Zehnbauer_11_002.jpg; Nachlass Zehnbauer, Bensheim; Feldpostkarte, gelaufen 21.05.1915, Absender: Gefreiter Zehnbauer, 18. Armeekorps, Feldlazarett 1, Empfänger: Johann Adam Zehnbauer Metzgerm., Bensheim a.d. Bgst., Hessen; Text: geschrieben, den 20.05.1915; Lieber Bruder und Schwägerin! Habe Euer Paket erhalten, dafür besten Dank. Hoffentlich seid ihr alle gesund und munter was ich Euch auch von mir berichten kann. Schönes Wetter ist eben bei uns, da [...] manchmal wenn man an die Arbeit daheim denkt. Herzlichste Grüße an Euch alle.; digitalisiert und transkribiert: Frank-Egon Stoll-Berberich 2017 ©.


Links und Literaturhinweise

[1] siehe auch die in Google Maps eingetragenen Standorte des 18. Armeekorps https://mapsengine.google.com/map/edit?mid=z-DLD1Jh58FA.kqiOQXC_Pf1Q (zuletzt besucht am 06.04.2017)

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Samstag, 10. Juni 2017

Die Gebrüder Zehnbauer - Feldpostkarte Johann Heinrich Zehnbauer, 14.05.1915 (07_004)

"... den Leuten hats sehr leid getan, wie ich fort bin..."

Im April und Mai ist die Batterie in die Stellungskämpfe im Raum Diksmuide verwickelt. Die Munitionskolonne verweilt in Moere. [1][2]

Danach verlegt man die Batterie nach Osten[3], vermutlich ist das auch der Grund für den von Johann Heinrich erwähnten wehmütigen Abschied von Moere, der ihm aufgrund der guten Unterbringung, in unmittelbarer Nähe zur Kirche[4], und der freundlichen Aufnahme bei Einheimischen besonders schwer gefallen sein muss.

„Feldpostkarte, gelaufen: 15.05.1915, K.D. Feldpostamt des XXII. Res.-Korps, Absender: Gefr. Zehnbauer, Leichte Mun.-Kol. der 1ten Res. Fussart. Battr. 22 4. Westarmee, Adressat: Frau Johann Heinrich Zehnbauer, Bensheim a.d.B. Hessen, Wormserstr. 19  
Text: Liebe Frau! Deinen lieben Brief vom 4/5 [Anm.: Dienstag, den 04.05.1915] habe ich erhalten. Heute sind wir von Moere fort, das war auch schade, denn ich war da wie zu Hause. Hebe diese Karte gut auf zum Andenken. Das ist die Moerekirche. An der Kirche gegenüber war das gute Quartier von mir. Ich soll dir noch einen Gruß ausrichten von den Leuten, den hats sehr leid getan, wie ich fort bin. Da hat das [Milchtrinken] ein Ende, das tut mir auch Leid. Ich dachte immer wir bleiben hier bis Frieden gibt. Gruß von Rothermel, es hat ihm zu Hause gut gefallen. Mit herzlichen Grüßen von deinem dich liebenden Mann
Vorderseite: Wenn ich Zeit habe, schicke ich dir einen Brief; Bitte grüße mir alle Verwandten und Bekannten“
Anzumerken ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die Karte an dem Tag versandt wurde, an dem der Ausführungsbefehl zur Aufstellung des Reserve-Fußartillerie-Bataillons 22 erlassen wurde[5]

Dieses Bataillon wird gebildet aus[6]:
  • dem I. Halbbataillon Landwehr-Fußartillerie Bataillon Nr.2
  • der 1. Reserve-Fußartillerie-Batterie Nr. 22 und deren leichter Munitionskolonne.

Somit entsteht aus:
  • Stab Landwehr 2 der Stab Reserve-Fußartillerie-Bataillon 22
  • 1. Reserve-Fußartillerie-Batterie 22 die 1. Batterie Fußartillerie-Bataillon 22
  • 2. Batterie Landwehr 2 die 2. Batterie Fußartillerie-Bataillon 22
  • 4. Batterie Landwehr 2 die 3. Batterie Fußartillerie-Bataillon 22

Somit tragen alle weiteren Schreiben Johann Heinrich Zehnbauers den Absender der 1. Batterie Fußartillerie-Bataillon 22.


NL_Zehnbauer_07_004.jpg; Nachlass Zehnbauer, Bensheim; Feldpostkarte, gelaufen: 15.05.1915, K.D. Feldpostamt des XXII. Res.-Korps, Absender: Gefr. Zehnbauer, Leichte Mun.-Kol. der 1ten Res. Fussart. Battr. 22 4. Westarmee, Adressat: Frau Johann Heinrich Zehnbauer, Bensheim a.d.B. Hessen, Wormserstr. 19 Text: Liebe Frau! Deinen lieben Brief vom 4/5 [Anm.: Dienstag, den 04.05.1915] habe ich erhalten. Heute sind wir von Moere fort, das war auch schade, denn ich war da wie zu Hause. Hebe diese Karte gut auf zum Andenken. Das ist die Moerekirche. An der Kirche gegenüber war das gute Quartier von mir. Ich soll dir noch einen Gruß ausrichten von den Leuten, den hats sehr leid getan, wie ich fort bin. Da hat das [Milchtrinken] ein Ende, das tut mir auch Leid. Ich dachte immer wir bleiben hier bis Frieden gibt. Gruß von Rothermel, es hat ihm zu Hause gut gefallen. Mit herzlichen Grüßen von deinem dich liebenden Mann; Vorderseite: Wenn ich Zeit habe, schicke ich dir einen Brief; Bitte grüße mir alle Verwandten und Bekannten; digitalisiert und transkribiert: Frank-Egon Stoll-Berberich 2017 ©.



Links und Literaturhinweise

[1] siehe: Filtzinger, Ph. (1933): Seite 28f.
[2] Niederländische wikipedia-Seite zu Moere https://nl.wikipedia.org/wiki/Moere
[3] Filtzinger, Ph. (1933): Seite 36.
[4] Offizielle, flämischsprachige Seite des belgischen Denkmalschutzes  https://inventaris.onroerenderfgoed.be/erfgoedobjecten/52129
[5] siehe: Filtzinger, Ph. (1933): Seite 36.
[6] siehe: Filtzinger, Ph. (1933): Seite 34.

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Samstag, 3. Juni 2017

Die Gebrüder Zehnbauer - Feldpostkarte Johann Heinrich Zehnbauer, 11.02.1915 (07_001)

Diese Feldpostkarte beinhaltet einen Fehler, der sich aufgrund des Inhalts, des Schriftbildes sowie der Angaben zur Einheit aber lösen lässt und das Schriftstück somit zweifelsfrei Johann Heinrich Zehnbauer zugeordnet werden kann. Johann Heinrich schreibt seinen Namen als Empfänger auf, allerdings an die Adresse seines Bruders Johann Adam in der Hauptstraße. Er unterzeichnet sie mit Johann und bezieht sich in dem Brief auf ein weiteres Lebensmittelpaket, welches er von seinem Bruder, dem Metzgermeister Johann Adam zugesandt bekommen hat.

Im Februar 1915 befindet sich die Munitionskolonne immer noch im Großraum Diksmuide, die Feuertätigkeit ist relativ gering, die Chronik spricht von „geregeltem Dienst“ und betrachtet den Raum als „zweite Heimat“.[1] Daher deckt sich Zehnbauers Darstellung, die ebenfalls auf ruhigere Tage schließen lässt, mit den Angaben der Chronik. Die sich anscheinend statisch verhaltende Frontlinie führt zu einem Ausbau der Stellungen und einem noch nie dagewesenen Ausbau der Fernmeldeleitungen, ein Sachverhalt, der in der Chronik mehrfach angesprochen wird.

"Feldpostkarte, gelaufen 11.02.1915, Stempel: K.D. Feldpostamt, XXII. Reserve-Korps; Soldaten-Briefstempel Res.-Mun. Kol. Reserve Fussart. Battr. No. 22; Absender: Gefreiter Zehnbauer; Adressat: Familie Johann Hein. Zehnbauer, Bensheim a.B., Hauptstraße No. 86, Hessen; Text: Geschrieben, den 11.02.1915;
Text: Geschrieben, den 11.02.1915; Lieber Bruder und Schwägerin! Habe gestern Abend Euer Päckchen erhalten. Besten Dank. Soeben grad mal davon gefrühstückt, schmeckt vorzüglich. Blutwurst und gequellte Kartoffel schmecken auch ganz gut. Das koche ich mir eben oft. Will nur mal sehen wie lange die Geschichte noch dauert. Joseph hat mir auch mal eine Karte geschickt aber nicht seine Adresse darauf geschrieben. Da kann ich ihm auch nicht schreiben. Mit herzlichen Grüßen Euer Bruder und Schwager, Gruß an die Kinder. Wiedersehen macht Freude. Johann“
NL_Zehnbauer_07_001.jpg, Nachlass Zehnbauer, Bensheim; Feldpostkarte, gelaufen 11.02.1915, Stempel: K.D. Feldpostamt, XXII. Reserve-Korps; Soldaten-Briefstempel Res.-Mun. Kol. Reserve Fussart. Battr. No. 22; Absender: Gefreiter Zehnbauer; Adressat: Familie Johann Hein. Zehnbauer, Bensheim a.B., Hauptstraße No. 86, Hessen; Text: Geschrieben, den 11.02.1915; Lieber Bruder und Schwägerin! Habe gestern Abend Euer Päckechen erhalten. Besten Dank. Soeben grad mal davon gefrühstückt, schmeckt vorzüglich. Blutwurst und gequellte Kartoffel schmecken auch ganz gut. Das koche ich mir eben oft. Will nur mal sehen wie lange die Geschichte noch dauert. Joseph hat mir auch mal eine Karte geschickt aber nicht seine Adresse darauf geschrieben. Da kann ich ihm auch nicht schreiben. Mit herzlichen Grüßen Euer Bruder und Schwager, Gruß an die Kinder. Wiedersehen macht Freude. Johann; digitalisiert und transkribiert: Frank-Egon Stoll-Berberich ©


Standort der Reserve Fußartillerie Batterie 22 - Großraum Diksmuide



Links und Literaturhinweise

[1] Filtzinger, Ph. (1933): Seite 26.

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