Freitag, 28. Juli 2017

Die Gebrüder Zehnbauer - Felpostkarte Johann Joseph Zehnbauer, 03.09.1916 (02_002)

Lieber Bruder...bei euch wird es lebhafter sein, als bei uns hier. Das scheint ja mitunter furchtbar zu zugehen...Somme, September 1916!


Wieder einmal nur Andeutungen und zaghafte Hinweise auf die Lage an der Front, sowohl im Osten (Riga) als auch im Westen (Somme). Die drei Brüder, Peter Zehnbauer, Johann Heinrich Zehnbauer und Johann Joseph Zehnbauer, sind alle im Krieg und schreiben sich gegenseitig Briefe. Doch obwohl alle drei die Härte des Krieges selbst erfahren, oder vielleicht genau deswegen, wird die Lage an der Front nicht ausgesprochen.

Johann Joseph Zehnbauer ist beim Stab der 76. Reserve-Division eingesetzt, liegt vor Riga[1], und es scheint, dem Bild der Feldpostkarte nach zu urteilen, weitaus ruhiger zuzugehen, als bei Johann Heinrich Zehnbauer. Johann Joseph sitzt als Unteroffizier mit Kameraden vor einer Blockhaushütte, wobei aufgrund der hohen Qualität des Bildes bei einem Kameraden (vordere Reihe) auf der Schulterklappe deutlich sichtbar die Zahl „254“ zu erkennen ist.

Es handelt sich also um einen Soldaten des Grossherzoglich Hessischen Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 254. Diese Einheit ist dem XVIII. Armee-Korps, 76. Reserve-Division (76. Reserve-Infanterie-Brigade) unterstellt und wurde in Darmstadt aus dem Feldbataillon Nr. 70 (Ers.-Btl. Inf.-Rgt.115), 71 (Ers.-Btl. Inf.-Rgt.118) und 72 (E./L.-St.-B. Friedberg) durch Stellv. Gen. Kdo. XVIII. Armeekorps aufgestellt[2].

Die weitaus „ruhigere“ Lage wird im Text auch entsprechend erwähnt. Zudem ist Peter beim Telephontrupp tätig, was im Rahmen des Stabes vermutlich eine weitaus sichere Tätigkeit darstellt, als die von Johann Heinrich. Allerdings liegen keine genauen Angaben zu Johann Josephs Verwendung vor. 

Interessant ist in diesem Zusammenhang der Verweis auf den dritten Bruder, Peter, der, wie Johann Heinrich, an der Westfront eingesetzt ist, beide sogar relativ nahe zu einander. Johann Heinrich Zehnbauer muss bei der Munitionskolonne Munition - jeglicher Art - mit von Pferden gezogenen Kutschen an die Front fahren und er befindet sich zu diesem Zeitpunkt - September 1916 - an der Somme. Es toben schwerste Kämpfe, die Johann Joseph Zehnbauer mit den Worten "[...] bei euch wird es lebhafter sein, als bei uns hier. Das scheint ja mitunter furchtbar zu zugehen" kommentiert.

Johann Heinrich äußert sich in einer Karte an seine Familie (siehe Feldpostkarte: Johann Heinrich Zehnbauer, 05.07.1916 (09_004)) ebenfalls nur kurz und zurückhaltend zu den Zuständen an der Somme, aber hier erst einmal der Text der Ansichtskarte von Johann Joseph in voller Länge:

Ansichtskarte, gelaufen 03.09.1916, K.D. Feldpostexp. 76. Reserve-Division, Absender: Untffz. Zehnbauer, 76. Reserve-Division beim Stabe, Adressat: Untffz Zehnbauer, Mun. Kolonne 2. Batterie, Fußartillerie Bataillon 22, 44. Reserve Division

Text: 1. IX. 1916, Lieber Bruder! Anbei sende ich dir mit herzlichen Grüßen ein kleines Bild vom Telephontrupp der Div.[ision]. Peter schrieb mir heute, daß ihr nicht so sehr weit auseinander liegen würdet und daß es dir den Umständen entsprechend gut gehe. Ich kann dasselbe von mir berichten. Bei euch wird es ja etwas lebhafter sein, als bei uns hier. Das scheint ja mitunter furchtbar zu zugehen. Die Aussichten zum Frieden sind ja jetzt wieder in weite Ferne gerückt. Sonst nichts Neues. Nochmals herzlichen Gruß Dein Bruder Joseph

Das auf der Ansichtskartenvorderseite gezeigte Bild dürfte die wahren Lebensbedingungen für den "Telephontrupp" auch nicht widerspiegeln, mussten diese Einheiten doch die Kommunikation mit der vordersten Front und den rückwärtigen Abschnitten durch das ständige Verlegen und Ausbessern von Kabeln unter schwersten Bedingungen herstellen bzw. aufrechterhalten.

Johann Joseph Zehnbauer ist auf dem Bild erste Reihe, Mitte zu erkennen.

Bensheimer im Ersten Weltkrieg - NL_Zehnbauer_02_002.jpg - Ansichtskarte von Johann Joseph Zehnbauer an seinen Bruder Johann Heinrich Zehnbauer aus Bensheim: Ansichtskarte, gelaufen 03.09.1916, K.D. Feldpostexp. 76. Reserve-Division, Absender: Untffz. Zehnbauer, 76. Reserve-Division beim Stabe, Adressat: Untffz Zehnbauer, Mun. Kolonne 2. Batterie, Fußartillerie Bataillon 22, 44. Reserve Division; Text: 1. IX. 1916, Lieber Bruder! Anbei sende ich dir mit herzlichen Grüßen ein kleines Bild vom Telephontrupp der Div.[ision]. Peter schrieb mir heute, daß ihr nicht so sehr weit auseinander liegen würdet und daß es dir den Umständen entsprechend gut gehe. Ich kann dasselbe von mir berichten. Bei euch wird es ja etwas lebhafter sein, als bei uns hier. Das scheint ja mitunter furchtbar zu zugehen. Die Aussichten zum Frieden sind ja jetzt wieder in weite Ferne gerückt. Sonst nichts Neues. Nochmals herzlichen Gruß Dein Bruder Joseph, digitalisiert und transkribiert: Frank-Egon Stoll-Berberich, 2017

Standort 76. Reserve Division


Links und Literaturhinweise


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/76._Reserve-Division_(Deutsches_Kaiserreich) (zuletzt besucht am 06.04.2017)
[2] http://wiki-de.genealogy.net/RIR_254 (besucht am 06.04.2017, Seite bietet Übersicht über Geschichte, Einsatzorte, Gefechte sowie Links zu historischen Bildern)

© Frank-Egon Stoll-Berberich, 2017, Alle Rechte vorbehalten.


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