Samstag, 8. April 2017

Der Krieg ist aus... Gefreiter Jakob Seeger verstirbt 24 Tage nach Kriegsende in der Ukraine kurz vor seiner Heimkehr...

Am 5. Dezember 1918, 24 Tage nach Kriegsende und kurz vor der Rückkehr in die Heimat, verstirbt Gefreiter Jakob Seeger in Russland. Er erkrankte und verstarb an einer Lungenentzündung. Er wird in Russland beigesetzt und seine Familie erhält vom zuständigen Militärpfarrer ein persönliches und ausführliches Begleitschreiben.

In der Heimat werden die Freunde und Angehörigen über eine entsprechende Traueranzeige informiert.

Der Text des Briefes lautet:
Im Felde, 9. Dezember 1918
Liebe Frau Seeger! Von einem großen, schmerzlichen Schicksalsschlag sind Sie betroffen worden. Ihr herzensguter Mann ist kurz vor der Rückberufung aus dem Felde gestorben, und er hinterläßt nun eine tiefbetrübte Witwe und das liebe Kind. Es wird für Sie, nachdem Sie durch den langen Krieg all die Jahre hindurch getrennt waren und nun sich schon herzlichst auf eine Heimkehr freuten, ein schmerzliches Kreuz und Last zu tragen sein, daß es jetzt noch bei Kriegsende so ganz anders gekommen ist und Gott ihren lieben Mann abberufen hat. Ich kann Ihnen nur herzlichst wünschen, daß er, der Sie so gebeugt hat in Ihrer Trübsal, Ihnen auch die Kraft geben möge, sich wieder aufzurichten und mutig den Kampf des Lebens anzutreten, wenn er auch nun ohne den Gatten und treuen Lebensgefährten geschehen muß. Sie haben ja von ihm das Kind, werden in ihm stets das Abbild des Heimgegangenen sehen, und das wird Ihnen gewiß die Sorge um das Kind und seine Erziehung zu einem tüchtigen, wakeren Menschen erleichtern können.
Die Beerdigung, wobei noch 2 andere deutsche Kameraden zur letzten irdischen Ruhe getragen wurden, fand in feierlicher, würdiger Weise im Beisein der Kameraden und Offiziere statt. Auch Musik war zugegen. Die Worte über den Bibelspruch: "Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ Lukas 10,20, die ich in der Grabrede ihrem Mann widmete, sind folgendermaßen: ----- und nun ein letztes Wort über euren Kameraden Jakob Seeger. Mit seinem Namen klingt das hohe Lied der [deutsche] Treue in euer Ohr hinein. Treu fast 4 Kriegsjahre hindurch, nämlich seit Weihnachten 1914 war er seinem Herrn, der jetzt an seinem Grab nur in tiefem Schmerz und in herzlicher Dankbarkeit ihm das letzte Lebewohl sagt. Denn die Treue eines so lieben und wunderbaren Lebensgefährten, eines so schlichten, ehrlichen warmherzigen Menschen - erwiesen und bewährt in Freud und Leid, in so langen bittren Jahren, wie sie dieser Krieg gebracht hat - kann man nicht vergessen; sondern solche Treue steigt leuchtend, so wie ein Heiligtum vor der Seele auf, wenn man sie zu Grabe tragen muß.
Nur um solche Treue, die nun den letzten Herzschlag getan, trauern zu Hause gleichfalls und mit tiefem, heißem Schmerz die Gattin und das Kind, die der jung verheiratete Mann hinterläßt. Noch an seinem Todestage, dem 5. Dezember, als der Kranke sich für Augenblicke wohl und gehobener fühlte und mit seinem Hauptmann sprach, der ihn im Lazarett besuchte - da freute er sich, daß er nun bald in seine Heimat und zu seiner Familie gehen würde. Gott hat es anders bestimmt gehabt. Seine schöne Heimat, das Hessenland, ließ er ihn eintauschen, so hoffen wir, gegen eine andere Heimat, die noch schöner ist: das Himmelreich. Wir rufen ihm noch als unseren letzten Gruß das Bibelwort, das auch an den beiden anderen Entschlafenen zur Wahrheit werden möge: "Freut euch, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind." Seine Familie aber zu Hause und sein Hauptmann und seine nächsten Kameraden, die ihm noch tiefer ins Herz gesehen und ihn ganz verstanden haben, die mögen denken noch an ein anderes Bibelwort, das [...] auf den Entschlafenen ist und das uns selber, den Lebenden, zur Mahnung dienen soll, es ist das Wort: "Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben." Amen.
In herzlicher Teilnahme 
Erdmann Felddivisonspfarrer
den Brief von Hauptmann L lege ich bei.
Brief transkribiert durch Frank Stoll-Berberich, Stand: 13.03.2017.

BIAB_HBS_0016.jpg, Brief zur Verfügung gestellt von Hans Bernhard Schober, Zusammengestellt und transkribiert von Frank-Egon Stoll-Berberich 2017.



Die Traueranzeige, vermutlich aus dem Bergsträßer Anzeigeblatt, lautete wie folgt:


Weitere Artikel zu Jakob Seeger

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen