Samstag, 3. März 2018

Der Erste Weltkrieg im Bergsträßer Anzeigeblatt - Patriotische Aufrufe

... gemeinsam sind wir stark...

Der Krieg ist erst ein paar Tage alt, das, was noch kommen wird, liegt fern ab jeder Vorstellung und wird alles, was bisher als Krieg bezeichnet wurde, in den Schatten stellen. 
Doch noch ist Patriotismus gefragt und so verwundert es nicht, dass etliche Aufrufe und Anzeigen an das "Zusammenhalten" appellieren und jeder trägt auf seine / ihre Art und Weise etwas dazu bei, nicht den Mut zu verlieren: 

An Deutschlands Frauen und Mädchen.

An Deutschlands Frauen und Mädchen
Wenn unsre Söhne, unsre Männer, unsre Brüder
in großen Scharen ziehen jetzt hinaus,
um kampfbereit und bis aufs äußerste entschlossen,
zu schützen Vaterland und Herd und Haus,
dann ist es unsre Pflicht, ihr deutschen Frauen und Mädchen,
nun doppelt tapfer, doppelt stark zu sein,
und alle Klagen alles Zagen zu verschließen
in unsres Herzens tiefstem Kämmerlein!
Es geht schon schwer genug der Vater von den Seinen,
der Sohn von seinen alten Eltern fort, -
erschwert die Trennung nicht mit Jammer und mit Tränen,
voll Zuversicht sei euer Abschiedswort!

Es ist im ganzen Deutschen Reiche seine Hütte,
es ist im ganzen Reiche sein Palast,
in dem nicht - glaub' es mir nur, liebe Seele -
die Sorge einzog, als ein trüber Saft!
Und daß wir alle, jung und alt, und hoch und nieder,
gemeinsam bangen um das Vaterland,
das bringt Versöhnung, und das schließt um unsre Herzen
ein heiliges, ein treues, festes Band!
Nein - klagt und zagt nicht - deutsche Frau'n und Mädchen!
Laßt uns voll Mut und festem Gottvertraun,
als tapfre Kameraden unsrer tapfren Streiter,
mit hellen Augen in die Zukunft schau'n!
(Aus dem Mannheimer Tageblatt) Lina Sommer"


Mitbürger. Schwere Zeit ist über uns hereingebrochen...

Was Lina Sommer in einem Gedicht ausdrückte, versucht der "Bensheimer Ausschuß" - bestehend aus einer Vielzahl von Bensheimer Größen durch das Sammeln von Spenden:

Mitbürger. Schwere Zeit ist über uns hereingebrochen. Ein furchtbarer Krieg ist uns aufgezwungen worden und die waffenfähigen Männer sind mit Armee und Marine ausgerückt, des Reiches Grenzen zu verteidigen. Viel Not und Elend gibt es bald zu lindern; auch in unserer Stadt sind viele Familien des Ernährers beraubt. Um die nötigsten Bedürfnisse zu befriedigen, bedarf es viel Geld und Hilfe jeder Art. Es gilt die Sorge unserer Kämpfer, die für uns bluten, dadurch zu erleichtern, daß wir bei den Zurückgebliebenen die drückendste Not bessern. Wie bereits durch die Presse bekannt gegeben, hat sich hier ein Ausschuß für freiwillige Hilfstätigkeit gebildet, der bestrebt ist, die nötigen Geldmittel zu beschaffen. Eine Liste wird in den nächsten Tagen von Haus zu Haus gehen. Mitbürger, unterstützt die Sammlung, steuere Jeder nach seinen Kräften bei!
Bensheim , den 6. August 1914.
Der Ausschuß: Adolf Bendheim, Kaufmann Jaeger, Justizrat Krenkel, Oberstadtsekretär Möller, Pfarrer Gustav Müller, Roos, Stadtrechner, Weller, Polizeikommissar, Zaubitz, Dekan



Segen von oben....

Die jüdische Gemeinde in Bensheim schließt sich an und betet täglich zweimal für die Frontsoldaten in der Bensheimer Synagoge. In einer kleinen Anzeige heißt es unter "Verschiedenes":

"Laut Anordnung Großherzoglichen Rabbinats Darmstadt II. findet anläßlich der Truppenabmärsche in der Bensheimer Synagoge ein Bittgottesdienst statt. Ferner wurde bestimmt, daß bis auf weiteres täglich in einem morgens und abends abzuhaltenden Gottesdienste der Krieger gedacht werden soll."



© Frank-Egon Stoll-Berberich, 2018, Alle Rechte vorbehalten.


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