Samstag, 30. Dezember 2017

Fotoalbum eines Bensheimer Soldaten Teil III - Jakob Seegers photographische Erinnerungen an seine Kriegszeit in der Ukraine

Jakob Seegers Fotoalbum weist nun immer öfter Bilder auf, die sich auf seinen Einsatzraum in Stryj beschränken. Ruinen und Alltag, Zivilpersonen und Kameraden.

Ob alle Bilder in ihrer Anordnung in den zwei Fotoalben auch der chronologischen Reihenfolge der Geschehnisse entsprechen, ist nicht ganz klar, nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Beschriftung der Alben.

Die zwei ersten Bilder des zweiten Albums allerdings sind kleine Leckerbissen und lassen sich relativ gut datieren. Es handelt sich um zwei bereits verladene Beutepanzer der russischen Armee. Sie sind vom Typ Jeffery-Poplavko, die im Raum Tarnopol im Sommer 1917 erbeutet wurden. Ihr Weg gen Westen führte sie wohl auch über Stryj, wie Jakob Seegers Bilder zeigen.

Im Hintergrund des ersten Bildes erkennt man das durch einen Treffer im Heck beschädigte Fahrzeug des zweiten Bildes. Zudem lassen sich die Eisenbahnanlagen des Bahnhofs Stryj inklusive einer Lok erkennen.


Das zweite Bild zeigt nun das getroffene Beutefahrzeug im Detail, auch hier sind im Hintergrund wieder die Eisenbahnanlagen des Bahnhofs Stryj zu erkennen, dem Einsatzort Jakob Seegers.


Trotz voranschreitender Technik bilden Pferde bis in den Zweiten Weltkrieg hinein das Rückgrat der Armeen in Bezug auf Transport und Logistik. So auch bei den österreichischen Truppen, wie hier bei einer Feldbahn zu sehen, die von Pferden gezogen Munitionskisten und Verbrauchsgüter zu den kämpfenden Einheiten brachten.


Dass die Spezialisten der Eisenbahnregimenter nicht nur Dienst schoben, zeigen viele der erhaltenen Bilder. Immer wieder fotografiert Jakob Seeger Alltagsszenen in Galizien. Die Märkte sowie das Leben der Menschen scheinen es ihm besonders angetan zu haben.




Ein Bauerndorf im Raum Stryj. 



Samstag, 23. Dezember 2017

Bescherabend 1915 - Kriegsfreiwilliger Joseph Stoll schreibt seiner Mutter zu Weihnachten

Joseph Stoll (1879-1956) meldete sich im Jahre 1915 als Kriegsfreiwilliger. Auch wenn der Begriff "Kriegsfreiwilliger" einen vorauseilenden Gehorsam suggeriert, so hat dieser Schritt einen erheblichen Vorteil gegenüber dem normalen Verlauf einer Rekrutierung. Es bestand die Möglichkeit Einfluss auf den Truppenteil zu nehmen, bei dem man zu dienen hatte [1]. In Kombination mit seinem Alter und seinem Hochschulstudium ergab sich so die Möglichkeit bei der Festung Namur eingesetzt zu werden.

Zu Weihnachten 1915 schreibt Joseph Stoll an seine Mutter in Bensheim:
"Feldpostkarte, gelaufen: 25.12.1915, Absender: Joseph Stoll, Kaiserliche Fortifikation Namur, Adressat: Frau Prof. Dr. Stoll, Bensheim adB, (Hessen), Text: Liebe Mama! Seit etwa 3 Tagen bin ich bei der Kaiserlichen Fortifikation. Ich habe daselbst die Pläne für die Befestigungen zu bearbeiten. Es ist sehr interessant und noch schöner als am Gouvernementsgericht. Da ich Zeichner von Beruf bin, hat der Major vom Gouvernement gesagt, könnte ich an der Fortifikation meine Kenntnisse besser anwenden, als am Gericht. Ich sitze mit einem Leutnant zusammen auf dem Büro. Es ist sehr schön und der Leutnant ist ein sehr liebenswürdiger Herr, auch ein studierter Mann. Ich wohne auf der Hauptstraße von Namur bei einem Kaufmann, der gut Deutsch spricht und sehr nett zu mir ist. Du siehst es geht alles sehr gut. Gestern abend am Bescherabend (Fortsetzung nächste Karte)"
"Feldpostkarte, gelaufen: 25.12.1915; Absender: Joseph Stoll, Kaiserliche Fortifikation Namur, Belgien; Adressat: Frau Prof. Dr. Stoll, Bensheim adB, (Hessen); Text: (Fortsezung) am Bescherabend war eine große Feier bei der ich auch zugegen war. Deine beiden Briefe habe ich erhalten und daraus ersehen, daß es Dir noch gut geht. Schreibe mir noch einmal ausführlich, ob du die kleinen Pakete erhalten hast und ob das große schon angekommen ist mit meiner überflüssigen und schmutzigen Wäsche. Reiling ist Gefreiter geworden. Er war 2 Monate früher Soldat als ich und ich hoffe, es in 2 Monaten auch zu sein! Es ist zwar egal, aber wenn man es werden kann, nimmt man es auch mit. Sonst weiß ich nichts zu berichten. Ich hoffe vielleicht im Januar oder Februar Urlaub zu bekommen. Dann kann ich Dir auch mehr mitteilen. Herzliche Grüße an alle besonder an Fräulein. Dein Joseph" 

BIAB_NLJS_CV_0476; Nachlass Joseph Stoll, Bensheim; Postkarte, Feldpost, gelaufen: 25.12.1915; Absender: Joseph Stoll, Kaiserliche Fortifikation Namur; Adressat: Frau Prof. Dr. Stoll, Bensheim adB, (Hessen); Text: Liebe Mama! Seit etwa 3 Tagen bin ich bei der Kaiserlichen Fortifikation. Ich habe daselbst die Pläne für die Befestigungen zu bearbeiten. Es ist sehr interessant und noch schöner als am Gouvernementsgericht. Da ich Zeichner von Beruf bin, hat der Major vom Gouvernement gesagt, könnte ich an der Fortifikation meine Kenntnisse besser anwenden, als am Gericht. Ich sitze mit einem Leutnant zusammen auf dem Büro. Es ist sehr schön und der Leutnant ist ein sehr liebenswürdiger Herr, auch ein studierter Mann. Ich wohne auf der Hauptstraße von Namur bei einem Kaufmann, der gut Deutsch spricht und sehr nett zu mir ist. Du siehst es geht alles sehr gut. Gestern abend am Bescherabend (Fortsetzung nächste Karte)[Anm.: siehe BIAB_NLJS_CV_0473]; digitalisiert und zusammengestellt: Frank-Egon Stoll-Berberich 2017 ©.

BIAB_NLJS_CV_0473; Nachlass Joseph Stoll, Bensheim; Feldpostkarte, gelaufen: 25.12.1915; Absender: Joseph Stoll, Kaiserliche Fortifikation Namur, Belgien; Adressat: Frau Prof. Dr. Stoll, Bensheim adB, (Hessen); Text: (Fortsezung, Anm.: siehe BIAB_NLJS_CV_0476) am Bescherabend war eine große Feier bei der ich auch zugegen war. Deine beiden Briefe habe ich erhalten und daraus ersehen, daß es Dir noch gut geht. Schreibe mir noch einmal ausführlich, ob du die kleinen Pakete erhalten hast und ob das große schon angekommen ist mit meiner überflüssigen und schmutzigen Wäsche. Reiling ist Gefreiter geworden. Er war 2 Monate früher Soldat als ich und ich hoffe, es in 2 Monaten auch zu sein! Es ist zwar egal, aber wenn man es werden kann, nimmt man es auch mit. Sonst weiß ich nichts zu berichten. Ich hoffe vielleicht im Januar oder Februar Urlaub zu bekommen. Dann kann ich Dir auch mehr mitteilen. Herzliche Grüße an alle besonder an Fräulein. Dein Joseph; digitalisiert und zusammengestellt: Frank-Egon Stoll-Berberich 2017 ©.

"...der Leutnant ist ein sehr liebenswürdiger Herr..." - Leutnant Diederici 


Wie in seiner Weihnachtskarte erwähnt, arbeitete Stoll in einer Schreibstube der Festungskommandantur. Sein Vorgesetzter, Leutnant Diederici, schenkte ihm zur Erinnerung an die Zeit in Namur ein Bild, welches ihn "hoch zu Ross" zeigt. Was aus dem Leutnant wurde, ist unbekannt. Es existieren keine weiteren Dokumente.


Dienststelle Joseph Stolls 1915-1918 - Palais provincial de Namur, Belgien



"Ich wohne auf der Hauptstraße von Namur bei einem Kaufmann, der gut Deutsch spricht und sehr nett zu mir ist." - Familie Jamouton aus Namur


Wie in der Postkarte erwähnt, war Joseph Stoll bei der Kaufmannsfamilie Jomouton - Léon, Aurélie Joly und ihre Tochter Simone - untergebracht. Angehörige der Familie wohnen bis heute noch in Namur. 

NLJS_CV_0596; Nachlass Joseph Stoll, Bensheim; NLJS_Dokumente_CV_0596; Nachlass Joseph Stoll, Bensheim; Joseph Stoll Joseph Stoll wurde während seiner Dienstzeit in Namur von 1915 bis 1918 bei der Familie Jomouton einquartiert. Léon Jomouton, seine Ehefrau Aurélie Joly und ihre Tochter Simone auf einem Bild, welches im Nachlass Joseph Stolls als Erinnerungsstück vorliegt. Aufschrift Bildrückseite: Familie Jaumouton bei der ich [Anm.: Joseph Stoll] in Namur [...] 3 1/2 Jahre wohnte.; digitalisiert und zusammengestellt: Frank-Egon Stoll-Berberich 2017 ©.

Anhand der Karte lässt sich der genaue Wohnort nur grob festlegen. Zum einen ist die Kennzeichnungen nur grob, die Adresse zudem unbekannt, zum anderen liegt dieser Bereich in einer Biegung und die Häuserfront ist kaum einsehbar. Die Wohnung lag somit am Ende der Rue de Marchovelette, Ecke Rue des Echasseurs und Rue de l'Ange.

NLJS_CV_0520; Nachlass Joseph Stoll, Bensheim; Postkarte, Feldpost, gelaufen: keine Angaben; Absender: Joseph Stoll, Kaiserliche Fortifikation, Namur; Postkartenmotiv handschriftlich ergänzt: "in diesem Haus wohne ich"; Wohnort von Joseph Stoll während seiner Dienstzeit (1915-1918) in Namur; digitalisiert und zusammengestellt: Frank-Egon Stoll-Berberich 2017 ©.

Lage der Wohnung der Familie Jamouton



Video - Veränderung der Innenstadt Namurs durch Kriegseinwirkungen


Bei der Suche nach dem genauen Wohnort und der Zuordnung von historischen Bildern und Dokumenten half auch dieses Video, welches die Innenstadt - hier der Place d' Armes - in seiner ursprünglichen Form sowie der Phase der Zerstörung und des Wiederaufbaus zeigt.



Links und Literaturhinweise

[1] vergleiche Beitrag bei wikipedia "Deutsches Heer (Deutsches Kaiserreich) https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsches_Heer_(Deutsches_Kaiserreich) (zuletzt besucht am 24.07.2017)
Weitere Bilder und Dokumente aus der Dienstzeit von Joseph Stoll finden Sie unter www.joseph-stoll.de


© Frank-Egon Stoll-Berberich, 2017, Alle Rechte vorbehalten.

Donnerstag, 14. Dezember 2017

Bensheimer Soldaten auf Heimaturlaub 1914

Ein Gruppenbild, welches Bensheimer Soldaten auf Heimaturlaub im Jahre 1914 zeigt. Die meisten Namen sind vollständig bekannt und bieten somit die Möglichkeit, das Schicksal dieser Männer anhand der Verlustlisten und der Namen auf dem Bensheimer Friedhof abzugleichen.

FAZIT: KEINER der Namen taucht in den Verlustlisten[1] oder auf den Grabsteinen bzw. den Namenslisten des Ehrenmals auf!

BIAB_Stadtarchiv_Bensheim_Erster_Weltkrieg_002.jpg; Stadtarchiv Bensheim; Bensheimer auf Heimaturlaub um 1914, vom Stadtarchiv erfasste Namen: 1. Philipp Schader, 2. Joh. Mohr (Newwa), 3. Schader, 4 Emil Schader, 5. Jean  Bambach, 6. Waise (nicht aus Bensheim kommend), 7. Karl Grünhag, 8. Franz Dorsheimer, 9. Franz Gärtner (Duttier), 10. Adam Borgenheimer, 11. Peter Schader, 12. Heinrich Friesinger, 13. Georg Grünhag (Hauck?), 14. Heinrich Seitz, 15. Georg  Schader (Schuhgeschäft) digitalsisiert und zusammengestellt: Frank-Egon Stoll-Berberich 2017 ©.



Links und Literaturhinweise

[1] Verlustlisten Erster Weltkrieg

© Frank-Egon Stoll-Berberich, 2017, Alle Rechte vorbehalten.


Samstag, 9. Dezember 2017

Fotoalbum eines Bensheimer Soldaten Teil II - Jakob Seegers photographische Erinnerungen an seine Kriegszeit in der Ukraine

Die aus dem ersten Fotoalbum stammenden Bilder von Jakob Seeger zeigen Impressionen aus seiner Zeit beim Eisenbahnregiment 3. Er ist in Galizien eingesetzt und hauptsächlich im Raum Stryj tätig. Viele der Bilder zeigen die für Seegers fremde Welt der Ukraine. Es sind Alltagsszenen, die er für die Zeit nach dem Kriege im Bild festhalten will.

Das erste Bild zeigt eine Straße in einer - vermutlich - galizischen Stadt. Die Auflösung bei diesem Bild reicht aus, um Teile der Schilder im Geschäft und die Reklametafeln lesen zu können.


Drei Bilder, die die winterliche Landschaften in Galizien zeigen, eine genaue Bestimmung des Ortes ist nicht möglich.







Ein Sägewerk in Galizien.


Samstag, 2. Dezember 2017

Moritz Schmitt - Bilder einer Übungsfahrt der Kolonne 34

Moritz Schmitt, Träger des Eiserne Kreuz am weiß-schwarzen Bande oder Eisernes Kreuz für Nichtkombattanten, als Soldat des Train-Ersatzbataillon, befindet sich hier inmitten seiner Kameraden des Trains.

Die Kolonne 34 führt im Februar 1916 eine Probefahrt von Bremen nach Lilienthal durch und Moritz Schmitt ist dabei. Vermutlich ist hier Lilienthal bei Bremen gemeint, rund 20 km trennen die beiden Gemeinden. 


BIAB_Stadtarchiv Bensheim_Erster_Weltkrieg_001.jpg; Nachlass Moritz Schmitt; Bensheim; Stadtarchiv Bensheim; Aufschrift auf Rückseite: Kolonne 34 auf einer Probefahrt von Bremen nach Lilienthal, Februar 1916. Moritz Schmitt (unter rotem Punkt), digitalsisiert und zusammengestellt: Frank-Egon Stoll-Berberich 2017 ©.